Zum Hauptinhalt springen

Projekt zur Berufsorientierung „Aufbau-Ahr“ ist ein Volltreffer

Jugendliche probieren sich im Handwerk aus und leisten zugleich einen wichtigen Beitrag beim Wiederaufbau des Ahrtals

HwK Koblenz Celine Klein nahm zunächst am Projekt „Aufbau Ahr - Freiwillige Aufbauzeit im Ahrtal“ teil, anschließend entschied sie sich für eine Ausbildung als Tischlerin in der Schreinerei Nelles, links Janik Nelles.

© HwK Koblenz. Celine Klein nahm zunächst am Projekt „Aufbau Ahr - Freiwillige Aufbauzeit im Ahrtal“ teil, anschließend entschied sie sich für eine Ausbildung als Tischlerin in der Schreinerei Nelles, links Janik Nelles.

„Das Projekt ist ein Volltreffer! Wir haben darüber mit Celine einen neuen Lehrling gefunden, jetzt freuen wir uns auf zwei weitere Teilnehmerinnen, die so ebenfalls unser Handwerk kennenlernen und sich bestenfalls für eine Ausbildung entscheiden“, erzählt Tischlermeister Janik Nelles, der zusammen mit seinen Eltern und dem Bruder das Familienunternehmen „Schreinerei Nelles“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler leitet. Was ihn so begeistert, ist das Projekt „Aufbau Ahr“. Das verknüpft die Berufsorientierung Jugendlicher, die Fachkräftesicherung von Handwerksbetrieben und den Wiederaufbau des nach der Hochwasserkatastrophe 2021 in großen Teilen zerstörten Ahrtals.

Das Projekt „Aufbau Ahr - Freiwillige Aufbauzeit im Ahrtal“ des rheinland-pfälzischen Arbeitsministeriums und der Handwerkskammer (HwK) Koblenz wurde nach dem Start 2022 inzwischen verlängert, „was aus unserer Sicht absolut Sinn macht“, so Nelles. Denn selten habe man so zielgenau Jugendliche für eine Ausbildung gewinnen können.

Die 17-Jährige Celine Klein ist ein Musterbeispiel dafür. Sie stammt aus Ahrweiler „und der Weg ins Handwerk war eigentlich sehr früh klar. Die Frage war, welches Handwerk es sein soll.“ Nichts geht übers Ausprobieren und Celine absolvierte Praktika im Kfz-Bereich wie auch in der Landmaschinentechnik. Durch das Projekt „Aufbau-Ahr“ wurde sie auf die Schreinerei der Familie Nelles aufmerksam – „ein Volltreffer!“, sagt nun auch die junge Frau. „Das passte perfekt, menschlich, fachlich und von den Rahmenbedingungen insgesamt“, sind sich Ausbilder Janik und Lehrling Celine einig. Seit 1. August erlernt sie nun hier das Tischlerhandwerk „und die Arbeit mit Holz macht mir großen Spaß. Außerdem ist es sehr motivierend, abends zu sehen, was man tagsüber geschafft hat. Wir haben so viele unterschiedliche Aufträge und Einsatzorte. Ich habe mich hier direkt sehr wohl gefühlt. Das Betriebsklima ist super und ich gehe gerne arbeiten“, zieht die 17-Jährige ein Fazit nach den ersten Wochen im Betrieb.

„Das Projekt ist sehr effektiv und zielorientiert“, beschreibt Janik Nelles die freiwillige Aufbauzeit. „Denn es bietet Möglichkeiten, unterschiedliche Handwerke und Betriebe auszuprobieren. Beide Seiten können so testen, was zu einem passt – die Betriebe wie auch die Jugendlichen“. Wie gut das funktioniert, beweisen auch die beiden Paulas, die demnächst über die Aufbauzeit zu den Nelles-Tischlern kommen. „Es haben sich tatsächlich zwei Paulas beworben, eine aus Bonn, eine aus Düsseldorf“, so Nelles. Und auch hier wird man darauf hinarbeiten, über den „Testlauf“ hinaus ein Ausbildungsverhältnis abzuschließen. „Dafür reicht der ganz normale Alltag“, schätzt Celine Klein ein. Rote Teppiche hat man ihr nicht ausgerollt und Samthandschuhe hat auch niemand angezogen – gerade deshalb fühlte sich die junge Frau von Anfang an als Teil des Teams und durfte überall mitarbeiten. „Sie hat Energie und Motivation. Wir schätzen sie sehr“, freut sich Janik Nelles über diese Bereicherung der fast 20-köpfigen Mannschaft. „Zumal: zu tun gibt es hier vor der Haustür wirklich genug. Denn viele unserer Kunden sind hochwasserbetroffen. Doch auch über das Ahrtal hinaus haben wir Kunden und müssen diesen Ansprüchen gerecht werden“, so Nelles.

So machen die Projekt-Teilnehmer nicht nur Praktika in Tischlereien, Elektrobetrieben oder im Malerhandwerk, sondern bringen sich gleichzeitig in den Wiederaufbau des Ahrtals ein. Seit Frühjahr 2022 können engagierte Schulabgänger und Studierende ein halbes Jahr lang ganz unkompliziert ins Handwerk reinschnuppern. Das Projekt zur Berufsorientierung „Aufbau-Ahr – Freiwillige Aufbauzeit im Ahrtal“ ist in seiner Form bundesweit einmalig.

„Das gemeinsam mit der Handwerkskammer Koblenz entwickelte Konzept wird nun fortgesetzt und wir wollen an die bisherigen Erfolge anknüpfen“, lautet die positive Zwischenbilanz des rheinland-pfälzischen Arbeitsministers Alexander Schweitzer nach der ersten Projektphase. Mittlerweile gab es 64 Praktika und 35 Teilnehmende.

„Damit können wir sehr zufrieden sein. Es zeigt, dass es wichtig ist, neue Wege in der Berufsorientierung zu gehen", so Schweitzer. Beispiele wie das von Celine Klein bestätigen diese Einschätzung.

„Die Anstrengungen, für unsere rund 20.000 Handwerksbetriebe neue Fachkräfte zu gewinnen, umfassen eine ganze Reihe von Maßnahmen. Hier sind ganz neue Modelle und Partnerschaften entstanden, die sehr erfolgreich funktionieren“, beschreibt HwK-Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich. „Die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsministerium und das Projekt Aufbau-Ahr zeigen, wie neue Ansätze zügig und auf den Punkt genau den erhofften Erfolg bringen können. Das ist ein wirklicher Zugewinn für unsere Betriebe“.

Koordiniert wird das Projekt über die HwK Koblenz. In ihm stehen insgesamt zwölf Plätze für Teilnehmende bis 27 Jahre fortlaufend zur Verfügung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durchlaufen das Projekt bis zu sechs Monate lang und können sich in drei Gewerken ausprobieren. Wer teilnimmt, erhält monatlich 470 Euro und eine Unterkunft. Auch die Kosten für An- und Abreise zu Beginn und zum Ende des Projektes werden erstattet.

Wer als Teilnehmer oder Betrieb an der freiwilligen Aufbauzeit im Ahrtal teilnehmen möchte, kann sich bei Projektcoach Roman Sieling bei der HwK Koblenz melden, Tel. 0151/ 551 632 31 oder per E-Mail roman.sieling@hwk-koblenz.de